Site Alp

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Selbstgespräche

Die Alp ist so weit winterfest gemacht und momentan im Ruhemodus. Klar, wir hoffen auf einen herrlichen, schneereichen und trotzdem sonnenbeladenen Winter und gönnen der Site Hütte jetzt etwas Erholung, bevor wir dann die Kaffeemaschine und Fondue-Caquelons wieder anschmeissen werden. Auch wir Älpler benötigen ja mal etwas Dorf-Ambiente, das Swisscom-TV-Abi will zumindest einigermassen ausgenutzt sein und die Kinder geniessen das «Legöle» im kleinen Zimmer anstatt in der ganzen Alphütte.

Es war eine großartige Sommersaison mit einem fulminanten Schlussspurt im Herbst und wir waren müde Ende Oktober. Vor allem im Kopf. Je länger der Sommer dauerte, desto öfters ertappte ich mich dabei, wie ich mir die Todo-Liste im Kopf nicht nur zurechtlegte, sondern mir selbst immer alles halblaut runterleierte. Irgendwann fielen mir meine Selbstgespräche auf und ich fragte Simon, meinen Mann, ob es ihm nicht auch so gehe… Da meinte er schmunzelnd, dass ihn der kleine Lionel manchmal im Auto sogar frage, mit wem er denn spreche? Es sei gar niemand anderes da. Selbstgespräche zu führen, scheint also ein nicht allzu unbekanntes Phänomen zu sein. Da bin ich ja erleichtert!

So versuchen wir nun im November den Kopf etwas zu lüften, damit für die nächste Saison wieder Kapazität vorhanden ist. Die vergangenen goldenen Herbsttage waren wunderschön, auch wenn ich persönlich den Herbst nicht so gerne mag wie andere. So schön die prächtigen Bäume und die angenehmen Temperaturen sind, so sehr strahlen sie auch etwas Endgültiges aus und die Vergänglichkeit wird sichtbarer als sonst.

Also versuche ich mich an die Kinder zu halten und erfreue mich immer wieder, wenn ich sehe, wie sie wegen für uns Alltäglichem völlig aus dem Häuschen (wie man so schön sagt…) sind. Der wöchentliche Besuch vom Grosi beispielsweise. Versuchen wir doch alle, uns ein Stück Unbeschwertheit aus Kindertagen zu erhalten. Ich habe kürzlich sogar gelesen, dass die absolute Begeisterungsfähigkeit womöglich das grosse Geheimnis sei, wie man bis ins hohe Alter jugendlich wirke und aussehen kann! Wenn das stimmt, ja dann erfreuen wir uns doch einfach trotz allem möglichst am Guten und Schönen und bleiben ewig jung. Wir werden es sehen…

Eine tolle spätherbstliche Woche und alles Liebe!

Nadja Santschi

Bschüttiwürm

Nun bessert sich das Wetter und wir alle lechzen nach etwas Sonnenschein. Noch ist etwas Geduld gefragt. Gerade aufgestanden, schaue ich zum Fenster raus und sehe kaum bis zu den nächsten Tannen. Dichter Nebel, kräftige Bise. Doch der Wetterbericht sagt Sonnenschein voraus für den heutigen Tag, da darf man doch optimistisch sein.

Nun sitzen die Gäste also langsam wieder auf der Terrasse und der Smalltalk von Tisch zu Tisch dreht sich um gewichtige Themen: die Flut hierzulande und natürlich im nahen Ausland, Klimapolitik im Allgemeinen, ab und zu auch wieder Corona. Und um «Bschütti-Würm». Wie wohltuend ist es über etwas so Alltägliches zu philosophieren. Wo man bei den anderen Themen geteilter Meinung sein kann, Lösungen nicht einfach zu finden sind und über die ganz grossen Zusammenhänge diskutiert wird, kann man über Güllenwürmer ziemlich viel Eindeutiges nachlesen.

Gerade als wir alle zueinander sagten, in der anfälligen Toilette seien also in diesem Jahr noch keine der ominösen wurmähnlichen Tiere gesichtet worden, kroch so ein ekliges Ding am nächsten Morgen in die eine Ecke. Vor meiner ersten Alpsaison habe ich noch nie ein solches Tierchen gesehen, aber die lernt man noch ziemlich bald kennen. Mal unter uns gesagt, jeder weiss, dass sie absolut harmlos sind, trotzdem «tschuderet» es einen immer ein wenig, denn sie sind irgendwie einfach hässlich. Die armen kleinen Dinger.

So entbrannte eine Diskussion, ob die Würmer zu Mistfliegen werden oder umgekehrt oder wie auch immer. Bei der anschliessenden Recherche zur Klärung der Situation ergaben sich wie folgt wieder mal unheimlich spannende Details. So ist die vom Aussehen her bienenähnliche, adulte (welch schönes Wort!) Mistfliege ein Blütenbesucher, halte sich aber oft und gerne in der Nähe von Jauchegruben und Mistplätzen auf. Dort legt sie ihre Eier, woraus nach ein paar Tagen die Larven schlüpfen. Die Larven – dass wären jetzt also die vorgenannten «Bschüttiwürm» - leben von totem organischem Material in der Gülle und erfüllen als Abfallverwerter eine wichtige Aufgabe in der Natur.

Nun gut, das macht sie schon etwas sympathischer. Was aber wirklich erstaunt: der schwanzartige Fortsatz am Hinterteil sei eigentlich ein Schnorchel! Er könne sogar mehrere Zentimeter ausgefahren werden, um im seichten Gewässer auch auf dem Grund Nahrung aufnehmen zu können. Unglaublich! Nach zwei bis drei Wochen verlassen die Larven ihre gewohnte Umgebung und suchen sich einen höhergelegenen, trockenen Platz, um sich zu verpuppen. Da kommt dann die Ecke in der Toilette oder ähnliche Stellen ins Spiel. Nach einer ein- bis zweiwöchigen Puppenruhe (wieder so ein herrliches Wort) schlüpfen dann die fertigen Mistbienen. Et voilà!

So weit kommt es bei den Güllenwürmern, die den Weg in die bekannte Ecke finden, nicht. Sie werden selbstverständlich bei der morgendlichen Putzroutine begleitet von einem nicht so netten Wort irgendwohin spediert – wohl meist auf einigen Umwegen zurück in die Gülle. Das muss ja für sie auch deprimierend sein!

Wie auch immer, jetzt haben wir und auch Sie, liebe LeserInnen, wieder herrlichen Stoff für Smalltalk – wenn die schweren Themen mal zu schwer werden!

Geniessen Sie die schönen Tage und alles Liebe.

Nadja Santschi

 

Zum Kuckuck...

Nun, der Winter hält sich ziemlich hartnäckig und der «Bsatztag» scheint noch in weiter Ferne. Doch wer einmal z’Bärg war, weiss, dass die Zeit bis dahin manchmal sehr schnell vergeht. So starten wir im Zimmerboden, bei der unteren Hütte, nun langsam mit den Vorbereitungen. Zäune werden ersetzt, Tannen gefällt, was halt so ansteht... Simon ist motiviert, kann er doch wieder mal etwas «richtigs Wärche» nach diesem Winter.

Meist werden diese Tage begleitet vom Ruf des Kuckucks. Wir werten ihn als herrliches Frühlingszeichen, aber manchmal ist er so anhaltend, dass man ihn geflissentlich überhört. Seit wir einmal einen Kuckuck in einem fremden Nest - gefüttert von kleinen Bachstelzen-Adoptiveltern – im Sparenmoos gesehen haben, sind wir recht fasziniert von dem Tier. Auf Lionel, unseren Sohn, hat dieser Anblick unheimlich Eindruck gemacht und der graue, ziemlich grosse Vogel, ist ihm immer noch nicht ganz geheuer. Auch nach etlichen Erklärungen, dass der Kuckuck im Wald wohnt und nicht willentlich in einem fremden Nest sitzt, findet er ihn unheimlich.

Aufgrund dieser Tatsache, dachte ich mir, ich könnte für unsere Kinder nach Flöckli, dem Kälbchen, ein Kinderbüchlein über einen kleinen Kuckuck machen. So habe ich mir gestern Gedanken dazu gemacht, was denn die Geschichte über Kucki, den kleinen Vogel, beinhalten könnte.

Im Internet fand ich allerhand Interessantes. Zum Beispiel, dass die Vögel im Winter nach Süden ziehen, oft bis ins südliche Afrika und ab Mitte April wieder hier zu finden sind – nach etlichen nächtlichen Flügen. Das sei früher nicht bekannt gewesen, da habe man gedacht, der Vogel verwandle sich im Herbst in einen Sperber und überwintere als Raubvogel, heisst es weiter. Die Vögel seien nicht bindungsfähig, sondern die Weibchen holen sich bei mehreren Männchen einfach, was sie brauchen. Ganz schön emanzipiert!

Die Eier legen sie dann in verschiedenste Nester, aber in der Regel immer nur eines. Die ungewollten Pflegeeltern sind oft sehr viel kleiner als «ihr» Junges. Ob die das wohl bemerken? Sobald der kleine Kuckuck geschlüpft ist, rollt er die anderen Eier oder – noch brutaler – die anderen Jungvögel unter grosser Anstrengung aus dem Nest und geniesst von da an die ganze Aufmerksamkeit.

Eigentlich ist das einem alles bekannt, vom Flug in den Süden bis zum sogenannten Brutparasitismus (zugegeben, das Wort habe ich von Wikipedia…). Aber wenn man sich mal näher damit befasst, findet man noch allerhand weitere spannende Details. Dass die Kuckuckseier zwar etwas grösser, als die Eier der Wirtsvögel, aber von der Färbung her kaum zu unterscheiden sind. Und die sehen je nach Vogelart anders aus. Spontan dachte ich, dass die Weibchen die Pigmente ändern können – WOW! Aber nein, das Weibchen ist auf eine spezielle Wirtsvogelart spezialisiert, was von Generation zu Generation weitergegeben wird. So fallen die Eier kaum auf.

Tja, je mehr ich lese, desto erstaunter bin ich. Ist der unsympathische Vogel einfach unheimlich clever? Was hat sich die Natur dabei gedacht? Fragen über Fragen…

Als zum Schluss steht, dass der Kuckuck in Redensarten oft ein Verhüllungswort für den Teufel darstellt, denke ich mir einfach: Zum Kuckuck nochmal – das Tier ist wohl oder übel kein Kandidat für ein Kinderbüchlein! Oder ist es nur eine grosse Herausforderung, den kleinen Kerl als liebevoll darzustellen, er kann ja nichts dafür? Vielleicht schadet es nicht, wenn die Kinder sehen, dass die Natur Vorgänge erschaffen hat, die uns nicht wirklich behagen und doch hat sie ganz bestimmt ihren Grund dazu. Es entzieht sich unserer Kontrolle.

Aber das ist dann vielleicht doch etwas «hochgestochen». Weiss der Kuckuck… ich lass es wohl bleiben!

In dem Sinne eine wunderschöne Frühlingszeit am Berg und im Tal und bleiben Sie neugierig. Es ist so spannend!

 

Herzliche Grüsse

Nadja Santschi

E richtige Winter – wenigschtens schneetechnisch…

Jan. 2021

Ein weisser, dicker Teppich liegt perfekt platziert über dem Sparenmoos und der Site Alp. Tatsächlich so endlos und unberührt, dass man nur ehrfürchtig die ganze Schönheit in sich aufzunehmen versucht. Solche Tage mit so viel Schnee waren in den letzten Jahren rar und irgendwie traue ich mich fast nicht, die Perfektion mit Fussstapfen zu «versauen». Doch der Reiz ist unheimlich gross, sich einfach wie ein Kind in den Tiefschnee plumpsen zu lassen. Natürlich mache ich das auch… Genau für solche Momente, für solch kleine Abenteuer haben wir uns im 2017 dazu entschlossen, im Winter die Site Alp als gemütliches Käse-Restaurant zu öffnen. Nun ist halt unsere 4. Wintersaison wohl oder übel nochmals ganz was anderes.

An schönen Tagen fällt es leicht, sich zu motivieren. Wir freuen uns über jeden Gast und die Gäste sind froh, können sie sich in der Mitte vom Schlittelweg im Vorbeigang etwas Warmes gönnen. Natürlich ist das umsatztechnisch in keiner Weise mit dem Normalbetrieb und den Gruppenanlässen zu vergleichen, aber es macht uns Spass. Klar, halten wir uns an die Vorschriften und sind froh, gesund und munter zu sein.

Doch Dämpfer steckt man ein. Als ich vor wenigen Tagen den Brief von der Ausgleichskasse geöffnet habe und da stand, dass wir keine Corona Erwerbsersatzentschädigung erhalten, weil wir nicht von einer direkten Betriebsschliessung betroffen seien, sank die Motivation so gegen Null. Ich meinte, meinen Augen nicht trauen zu können, lebt unsere kleine Familie doch nach dem Alpsommer vom Wirten. Ganz ehrlich, man fühlt sich beleidigt und fängt zu grübeln an….

Nach ein paar Wut-Liegestützen und eisigem Schweigen fing ich mich wieder, legte mir die Worte zur Erklärung schon mal im Kopf bereit und überlegte welche Dokumente ich als Beweis zu senden habe. Unter der Dusche erinnerte ich mich dann an folgendes: In diesem Winter war ich mal mit meinen frisch gewachsten Skating-Skis in Richtung Sparenmoos unterwegs. Gleich zum Anfang hinter der Site-Hütte ist ein steiler Aufstieg zu bewältigen und da schon war ich einfach nicht im Gleichgewicht. Je mehr ich technisch korrekt zu laufen versuchte, desto mehr geriet ich ins Straucheln. Aber an den Skis konnte es nicht liegen, die waren frisch gewachst und ich zwar nicht im gleich top perfekten Zustand wie die Loipe, aber dennoch nicht zum ersten Mal in dieser Saison am Langlaufen. Ich absolvierte die blaue und rote Loipe, kam aber nie so richtig auf Touren. Zurück in der Hütte war ich stolz, hatte ich es durchgezogen – trotz allem. Als mich Simon dann lachend begrüsste und fragte, «Hast du nicht gemerkt, dass du meine Skier angeschnallt hast?», ging mir ein Lichtlein auf.

Im gleichen Moment, als ich unter dem warmen Strahl an diese Anekdote dachte, stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Zurück waren die Zuversicht und der Glaube daran, dass sich das mühsame Ausharren in der schwierigen Situation irgendwann doch auch auszahlen wird. Und wir dann alle wieder unbekümmert und spontan das Leben geniessen können – nicht nur im Kleinen wie jetzt, sondern einfach so, wie es grad kommt!

Bis dahin wünsche ich allen immer wieder eine kleine Aufmunterung, so dass kein einziger Tag vergeudet scheint.

 

Herzliche Grüsse

Nadja Santschi

 

Lang ists her…

Die Site-Hütte ist wie immer im November eine Weile zu, damit sich der Ort und auch alle involvierten Personen etwas erholen können. Endlich, endlich bleibt auch wieder etwas Zeit und Musse, um ein paar Zeilen zu schreiben. Und ich verspreche euch, es geht nicht um Corona!

Kaum ist die Hütte geputzt, die Geranien und alle Spielsachen verstaut, sieht es aus wie eh und je. Das grosse Gebäude steht ruhig da, dem Wind ausgesetzt und schaut stolz ins Tal. Wenn die letzten Blätter vom Ahorn gefallen sind und die Sennen ihre Dachbetten wieder ins Tal gezügelt haben, ist sie wieder da: Die Zeit von Fritz!

Klar, unser guter Hausgeist schaut auch im Sommer zum Rechten und ich schwöre euch, er hat ganz sicher die Finger im Spiel, wenn es um die alte Käsekellertüre geht. Es kann nicht anders sein. Das alte Schloss mit dem riesigen Schlüssel hat wohl schon allen von uns einen Streich gespielt. So dreht man normalerweise zwei Mal nach links und die Türe lässt sich ohne weiteres öffnen. Aber manchmal, da reicht nur ein Mal oder auch nach dem zweiten Mal passiert rein gar nichts! Da gibt’s nur eine Lösung: Nochmals nach rechts, dann zwei Mal nach links oder umgekehrt und das natürlich mehrmals... Ich verstehe es nicht – und es geht nicht nur mir so! Klar, passiert das nur, wenn man ganz schön in Eile ist und gar keine Lust auf die Spiele vom guten Fritz hat.

Irgendwie mach ich mir dann immer ein Bild, wie das Männlein mit dem weissen Bart hinter der Tür steht, sie zudrückt und schalkhaft lächelt. «Soll sie doch mal einen Gang runterschalten!», meine ich ihn fast zu hören. Nun, wenn ich da noch weiter überlege, macht das alles zwar dann doch keinen Sinn. Denn Fritz war, als er noch als Knecht «ar Site z’Bärg» ging, eigentlich immer im Holz und hat sich nicht in den Käsekeller verirrt. Aber wer weiss, was ihm nun als Geist so einzufallen vermag?!

Auf jeden Fall finde ich es beruhigend zu glauben, dass Fritz, der viele Jahre bis spät in den Herbst da oben sein Tagwerk vollbracht hat, nun immer noch ein bisschen nach uns schaut – soll er doch den Ort auch mal ganz für sich geniessen können. Ich gönne es ihm von Herzen!

Ich wünsche Ihnen allen ab und zu etwas Leichtigkeit und heitere Momente in dieser Zeit und wer weiss, vielleicht hat ja jeder einen guten Geist, der ein Auge auf einen hat?! Immer und überall.


Herzlich, Nadja